Medikamenten­sucht

Abhängigkeit von Benzo­diazepinen, Psycho­stimu­lanzien und Schmerz­mitteln

So hilfreich Arzneimittel gegen Angst, Anspannung, Unruhe, Schlafstörungen und Schmerzen sein können, die Suchtgefahr von Psychopharmaka mit Abhängig­keits­potenzial ist nicht zu unter­schätzen. Schon nach wenigen Wochen ist meist eine Gewöhnung oder Abhängig­keit zu beobachten.

Aufgrund der schnellen Wirkung und der geringen Neben­wirkungen (abgesehen vom Sucht­potenzial) werden Arznei­mittel wie Benzo­diazepine gerne verschrieben. Dabei gäbe es in vielen Fällen gute Alternativen, die über kein Sucht­potenzial verfügen, z.B. angstlösende und schlaf­anstoßende Neuroleptika und Antidepressiva.

Psychotrope Substanzen mit Abhängig­keits­potenzial

Benzodiazepine

Die häufigste Form der Medikamenten­abhängig­keit betrifft Benzodiazepine. Sie werden als Sedativa (Beruhigungsmittel) und als Hypnotika (Schlafmittel) eingesetzt. Benzodiazepine wie z.B. Temesta, Lexotanil und Halzion sind hoch wirksam mit wenigen Neben­wirkungen, haben jedoch ein sehr hohes Missbrauchs- und Abhängigkeits­potenzial.

Bei Benzodiazepinen kann sich bereits bei niedrigen Dosierungen eine schwere körperliche Abhängigkeit entwickeln. Bei der sogenannten Niedrig­dosis­abhängig­keit erfolgt oft auch nach Jahren der Einnahme keine Dosis­steigerung. Erst wenn das Medikament abgesetzt wird, treten Entzugs­symptome auf.

Benzodiazepin-Analoga

Benzodiazepin-Analoga wie das Arznei­mittel Zolpidem (Ivadal oder Zoldem) werden vorwiegend als Schlafmittel eingesetzt. Sie wurden anfangs als weniger problematisch eingeschätzt als Benzodiazepine. Mittler­weile hat die WHO den Wirkstoff bezüglich des Abhängig­keits­risikos den Benzodiazepinen gleich gestellt.

Clomethiazol

Wird im akuten Alkohol­entzug eingesetzt und hat ein hohes Missbrauchspotenzial. Nicht selten kommt es nach einem Alkohol­rückfall zu einer kombinierten Alkohol-Clomethiazol-Abhängigkeit.

Schmerzmittel

Bei schweren Schmerz­zuständen mit körperlichen Ursachen sind Opiate (Morphin, Codein) und Opioide (synthetische morphinartige Substanzen) unverzichtbar und können die Lebensqualität der Betroffenen deutlich steigern. Allerdings kann es insbesondere bei unbedachter Anwendung (z.B. bei psychosomatischen Schmerzen) zu einer Opiatabhängigkeit kommen.

Ein Schmerzmittel­missbrauch tritt manchmal auch bei Menschen auf, die an Migräne oder Spannungs­kopf­schmerz leiden. Nach monate- oder jahrelanger häufiger Einnahme klassischer Schmerzmittel kann es nach einer Gewöhnung zu Entzugs­kopf­schmerzen kommen. Besonders problematisch bei diesen (oft frei verkäuflichen) Schmerz­mitteln sind die Neben­wirkungen im Bereich des Verdauungs­traktes, der Nieren und der ableitenden Harnwege.

Psychostimu­lanzien

Diese Substanzen erhöhen, beschleunigen oder verbessern die Aktivität der Nerven. Besonders häufig wird der Amphetamin-ähnliche Arzneistoff Methylphenidat eingesetzt, der unter dem Namen Ritalin oder Concerta bekannt ist. Der Einsatz von Psychostimulanzien kann bei Krankheiten wie Parkinson, Narkolepsie, Konzentrations­störungen, ADHS und therapie­resistenter Depression sehr hilfreich sein, allerdings ist das Abhängig­keits­potenzial hoch.

Stationäre Behandlung

Bei einer Hochdosis­abhängig­keit sowie bei Patienten mit einer kombinierten Abhängigkeit von Benzodiazepinen und anderen problematischen Sucht­mitteln sollte stationär entzogen werden. Der Entzug kann auf der Psychiatrie, der Inneren Medizin oder an einer spezialisierten Einrichtung erfolgen.

In leichteren Fällen von Medikamenten­missbrauch kann die Therapie durch ein Miteinander von fachärztlicher, psychiatrischer und psychothera­peutischer Behandlung ambulant erfolgen.

Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung in einer Psychiatrie bzw. die Zweckmäßig­keit eines mehrwöchigen Therapie­aufenthalts in einer entsprechend dafür spezialisierten Klinik kann durch ein ärztliches oder psychothera­peutisches Gespräch geklärt werden.

Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn sich die Betroffenen in der Zeit des stationären Aufenthalts ganz auf ihre Therapie und psychische Entwicklung konzentrieren. Berufliche Aktivitäten und persönliche Engagements außerhalb des Behandlungssettings können allzu sehr von der Therapie ablenken und den Therapie­erfolg beeinträchtigen.

Medikamentöse Behandlung

Im Allgemeinen ist in der Phase des Entzuges und einige Monate danach eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Die diversen Medikamente haben unterschied­liche Funktionen, sie

Bei den angewendeten Medikamenten handelt es sich vor allem um Neuroleptika (Antipsychotika), Antidepressiva, Antiepileptika und Phasenprophylaktika. Diese Medikamenten­gruppen haben kein Abhängigkeits­potenzial. Richtig eingesetzt und dosiert treten außerdem kaum bis wenige Neben­wirkungen auf.

Links & Downloads

Anton-Proksch-Suchtklinik Wien

Medikamente – schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit. Leitfaden für die ärztliche Praxis (PDF 510kB)