Prüfungsangst
Psychotherapie, Coaching oder Tutoring bei Prüfungsangst, Stress und Blockaden im Studium?
Betroffene von Prüfungsangst, übermäßigem Lernstress und längeren Lernblockaden wissen oft nicht so recht, welche professionelle Hilfe sie zur Problembearbeitung in Anspruch nehmen sollen:
- eine Psychotherapie oder psychologische Unterstützung zur Bearbeitung der psychischen Hintergründe von Ängsten, Blockaden und Stresszuständen
- ein Lern- und Prüfungscoaching zur Weiterentwicklung der relevanten akademischen Schlüsselkompetenzen wie Lern- und Methodenkompetenz
- ein Tutoring zur vertieften Auseinandersetzung mit dem schwierigen Lernstoff und angstbesetzten Fachgebiet
Die Informationen in diesem Artikel über die Ursachen, Hintergründe und Bearbeitung von Prüfungsängsten und Prüfungsstress sollen mehr Klarheit schaffen und die Entscheidung für Psychotherapie, Coaching oder Tutoring erleichtern. Der Artikel richtet sich sowohl an Betroffene als auch an Psychotherapeuten, Psychologen, Lebensberater und Lehrende.
Bei Schulstress und Prüfungsangst im Kindesalter und bei Lernschwierigkeiten aufgrund von Entwicklungsstörungen sind die Infos in diesem Artikel nur eingeschränkt verwendbar, weil eine andere Dynamik und Problematik zugrundeliegt.
Bearbeitung der Ursachen von Prüfungsangst, Lernstress und Lernblockaden
Grundsätzlich muss bei Ängsten, Stress und Blockaden im Studium zwischen psychischer und fachlicher Überforderung differenziert werden, wobei sich die hohen Anforderungen und Zielvorgaben im Studium natürlicherweise auch auf die Psyche und Gesundheit auswirken können.
Deshalb ist es in vielen Fällen gar nicht so einfach, die Grundproblematik zu erkennen: Ist es eine psychische Störung, die zur Überforderung im Studium führte oder ist es die Überforderung mit bestimmten Herausforderungen und Aufgabenstellungen im Studium, die zu einer psychischen Belastungsreaktion führte. Allerdings gibt es bestimmte Kennzeichen, Merkmale und Symptome, welche auf die zugrundeliegende Problematik hinweisen.
Psychotherapie bei Prüfungsängsten und Belastungsreaktionen mit dem Hintergrund psychischer Probleme
Wenn bei der Prüfungsangst die Angst selbst bzw. die “Angst vor der Angst” das zentrale Problem ist, handelt es sich meist um eine Angststörung. Ein wesentliches Merkmal einer Angstneurose ist, dass sich die Betroffenen der Irrealität ihrer Befürchtungen bzw. übersteigerten Reaktion bewusst sind. D.h. die Studierenden sehen weniger ein Problem mit dem Lernstoff und den Anforderung im Studium, sondern vorwiegend in ihren unverhältnismäßgen Befürchtungen und Angstreaktionen.
Irreale und übersteigerte Ängste und Befürchtungen treten aber nicht nur bei Angstneurosen auf, sondern sie können auch ein Symptom einer Depression, posttraumatischen Belastungsstörung, Persönlichkeitsstörung oder Suchtproblematik sein. Das Problem bei diesen Störungen ist, dass die irrealen Befürchtungen je nach Schweregrad der Störung mehr oder weniger als reale Bedrohung empfunden werden. Weiter unten im Artikel gehe ich näher auf diese pathologischen Ängste ein.
Auch die Lernblockaden bei Depressionen können den Eindruck eines typischen Motivationstiefs im Studium vermitteln. Die Blockaden sind in diesem Fall aber vielmehr auf die Antriebslosigkeit zurückzuführen, die praktisch immer mit dem Krankheitsbild einer Depression einhergeht und von Therapeuten sofort erkannt wird.
Bei einer Alkohol- oder Drogenproblematik ist an sich klar, dass früher oder später im Studium nichts mehr weitergeht, auch wenn es sich um Substanzen handelt, die eigentlich die Leistungsfähigkeit steigern oder die Ängste reduzieren sollten.
Eine Angststörung kann mit Psychotherapie oder klinisch-psychologischer Behandlung in den meisten Fällen rasch und unkompliziert bearbeitet werden. Depressionen, Süchte und andere schwere Störungen erfordern im Allgemeinen eine längere Psychotherapie in Kombination mit einer psychiatrischen Behandlung.
Coaching bei Prüfungsstress aufgrund schwieriger Aufgabenstellungen und belastender Herausforderungen
Auch im Falle einer realen Prüfungsangst aufgrund der generell sehr hohen fachlichen Zielvorgaben und vielen Hürden im Studium kann ein massiver emotionaler und psychosomatischer Leidensdruck auftreten und die Lebensgestaltung in allen Lebensbereichen beeinträchtigt sein.
Allerdings unterscheiden sich Problemwahrnehmung und Problembewältigung wesentlich zwischen psychischer Angstproblematik und begründeter Angstreaktion. Während bei der Angststörung die unbegründbaren Angstzustände und bei einer Depression die Bedrückung, Antriebslosigkeit und Lernblockaden dominieren, sind bei begründeten Prüfungsängsten vor allem Stress, Überforderung, Frust und Ärger spürbar. Deshalb wird hier eher von Prüfungsstress und weniger von Prüfungsangst gesprochen.
D.h. im Gegensatz zur einer Angststörung oder Depression überwiegen Aggression und Antrieb, wodurch meist ein ausreichender Ansporn vorhanden ist, sich der Herausforderung zu stellen, auch wenn sie noch so schwierig, stressig und angstbesetzt ist.
Aggression und Antrieb können jedoch auch dazu führen, dass darüber nachgedacht wird, alles hinzuschmeißen und etwas ganz anderes zu machen. Bei einer Angststörung wäre diese Strategie nicht möglich, weil die Angstproblematik in die neue Herausforderung mitgenommen werden würde und bei Depressionen würde der Antrieb dazu fehlen.
Für einen produktiven Umgang mit Prüfungsstress und eine selbstbewusste, zuversichtliche und zielführende Herangehensweise an die enormen Herausforderungen und hochgestecken Ziele im Studium, hat sich die Weiterentwicklung der relevanten akademischen Schlüsselkompetenzen mit den Schwerpunkten Lern- und Methodenkompetenz besonders bewährt.
Tutoring bei Lernblockaden, Stress und Prüfungsangst aufgrund einer Überforderung mit dem Lernstoff bzw. Fachgebiet
Oft ist es ausreichend, mit einem begabten, fachkundigen, netten Tutor den relevanten Prüfungsstoff gemeinsam durchzugehen und zu festigen. So wie bei einer Psychotherapie oder einem Coaching spielt auch beim Tutoring die zwischenmenschliche Beziehung eine wesentliche Rolle bei der persönlichen und fachlichen Entwicklung, denn durch das produktive, gelungene Miteinander entsteht Vertrauen und Sicherheit.
Ohne den Hintergrund einer psychischen Problematik führt oft schon etwas mehr Sicherheit mit dem Lernstoff und das gesteigerte Vertrauen in die eigene fachliche Problemlösungsfähigkeit zu deutlich mehr Selbstvertrauen beim Lernen und bei der Prüfung.
Was tun bei Schwierigkeiten im Studium aufgrund der typischen Probleme, Belastungen und Krisen im Leben?
Familiäre Belastungen, Beziehungsprobleme, Schicksalsschläge, Misserfolge, größere Veränderungen, unerfüllte Bedürfnisse, widersprüchliche Lebensziele und die üblichen Krisen im jungen Erwachsenenalter können den Studienalltag und Lernerfolg erheblich beeinträchtigen.
Stress, Ängste und Blockaden sind in diesem Fall weniger mit einer psychischen Störung verbunden, sondern ein gesunder Ausdruck dafür, dass den Betroffenen einfach alles zu viel wird. Die Klienten berichten im Allgemeinen auch davon, dass ihnen alles über den Kopf wächst. Durch diese generelle Überforderung und Überlastung entsteht eine reale Bedrohung des Scheiterns bei den Aufgabenstellungen und Herausforderungen im Studium.
Meist wird zuerst versucht, die Probleme mithilfe von Freunden, Familienangehörigen und Studienkollegen zu lösen. Wenn die Bezugspersonen damit überfordert sind oder es an den entsprechend hilfreichen zwischenmenschlichen Beziehungen im nahen persönlichen Umfeld fehlt, wird eine professionelle Hilfe in Betracht gezogen. Die adäquate Hilfestellung orientiert sich an der gewünschten Problemlösungsstrategie der Betroffenen und an der Schwere der Krise.
Eine Psychotherapie ist dann empfehlenswert, wenn der Wunsch besteht, die psychischen Hintergründe der Krise zu bearbeiten. Die direkte Problembearbeitung kann auch im entsprechenden Coaching oder in einer psychologischen Beratung erfolgen, sofern den persönlichen Problemen keine krankheitswertige Störung zugrunde liegt.
Bei wiederholten Misserfolgen, schweren Verlusten, traumatisierenden Erlebnisse und großen Veränderungen im Leben kann es zu einer sogenannten Anpassungsstörung kommen, die bei Bedarf ebenfalls mit einer Psychotherapie oder im Rahmen einer klinisch-psychologischen Behandlung bearbeitet werden sollte.
Nach einer längeren Vernachlässigung des Studiums aufgrund einer persönlichen Krise oder eines Trauerprozesses ist es oft gar nicht so einfach, wieder voll ins Studieren hineinzukommen. Oft steht dann zudem eine wichtige Prüfung an, die unbewältigbar erscheint. Hier hilft ein Lern- und Prüfungscoaching oder Tutoring weiter, je nachdem ob es mehr ums Lernen oder um den schwierigen Lernstoff geht.
In manchen Fällen kann die Kombination aus psychologischer Hilfe und fachlicher Betreuung hilfreich sein, z.B. wenn eine scheinbar unüberwindbare Prüfungshürde oder Abschlussarbeit zu einer Lebenskrise führt.
Die Problematik der Inanspruchnahme der “falschen” professionellen Unterstützung
Kompetenzentwicklung in der Psychotherapie
Für Betroffene, denen eigentlich nur die erweiterte Lern-, Methoden- und Selbstkompetenz für die besonderen Herausforderungen eines Studiums fehlt, kann es frustrierend sein, sich zu lange in einer Psychotherapie zu verlieren, auch wenn die psychotherapeutische Selbsterfahrung jedenfalls für das Leben insgesamt sinnvoll und nützlich ist.
Psychotherapeuten und klinische Psychologen sind ganz gut darin, psychische Störungen zu diagnostizieren. Sie sind aber im Allgemeinen keine ausgebildete Lehrende und deshalb fällt es ihnen weniger leicht, die fehlenden akademischen Kompetenzen zu erkennen. Sehr wohl ist ihnen aber bewusst, wie problematisch sich Kompetenzdefizite und Hemmnisse in der Potentialentfaltung auf das Selbstvertrauen und die Lebenszufriedenheit auswirken können. Deshalb werden sie auch auf die Thematik der Kompetenzentwicklung und Potentialentfaltung achten.
Seelische und persönliche Themen im Lerncoaching
Auch für Betroffene einer psychischen Störung ist die gezielte Kompetenzentwicklung im Coaching sehr förderlich und hilfreich. Allerdings können sie zum aktuellen Zeitpunkt nur bedingt etwas damit anfangen, wenn sie zuerst eine psychotherapeutische Begleitung für die Analyse und Aufarbeitung bedrückender und hemmender Kindheitserfahrungen bräuchten.
Coaches und psychologische Berater erkennen eine psychische Störung daran, dass die Hilfesuchenden viel über ihre psychischen Leidenszustände und psychosomatischen Beschwerden reden oder das psychische Leid nonverbal kommunizieren (z.B. bei einer typischen Depression). Auch Erfahrungen aus der Kindheit kommen oft zur Sprache.
Bei den Gesprächen bezüglich der Ängste und Schwierigkeiten im Studium stehen zwar die akademischen Herausforderungen und die damit verbundenen persönlichen Themen im Mittelpunkt, sie erscheinen aber trotzdem nebensächlich und die Befürchtungen sind nicht ganz nachvollziehbar. In diesem Fall wird der Coach bzw. Berater eine Psychotherapie nahelegen oder zumindest ein klärendes Gespräch mit einem Psychotherapeuten oder klinischen Psychologen empfehlen.
Funktion und Nutzen von Angst und Stress
Die Angst- und Stressreaktion ist an sich eine wichtige Funktion, welche vor Gefahren und Schäden bewahrt. Die gesunde Angst führt zu einer besonderen Vorsicht und Achtsamkeit sowie zu einem nützlichen Stress- bzw. Spannungszustand, der die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit und Wachheit steigert. In der Folge können Herausforderungen effektiver und sicherer bewältigt werden.
Auch bei einer Überforderung oder Überlastung treten sinnvollerweise Ängste auf, um durch schwierige Herausforderungen und enorme Belastungen nicht zu Schaden zu kommen. Ob bei der Bearbeitung der Angst-Stress-Problematik eine Psychotherapie oder gezielte Kompetenzentwicklung zum Einsatz kommt, entscheidet sich aus der Art der Überforderung.
Fachliche Überforderung aufgrund von Kompetenzdefiziten
Wenn z.B. ein Bergsteiger mit einer zu steilen Wand überfordert ist, weil Können und Erfahrung für diese Herausforderung nicht ausreichen, wird für die Bearbeitung der begründeten und realen Angst vor einem Absturz wohl kaum eine Psychotherapie helfen. Hier liegt eindeutig eine fachliche Überforderung vor.
Der Betroffene leidet auch nicht unter seinen Ängsten, sondern ist gestresst durch die Überforderung und verärgert oder frustriet wegen seines Unvermögens und Versagens. Andererseits sind diese Gefühle auch ein Antrieb, sich die fehlenden Fähigkeiten anzueignen.
Für die Erarbeitung der erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Routinen zur sicheren Bewältigung der schwierigen alpinen Herausforderung braucht es einen guten Kletterlehrer oder die Begleitung entsprechend erfahrener Kameraden.
Emotionale Überforderung aufgrund einer psychischen Problematik
Ist ein Eiffelturm-Besucher aufgrund irrealer Höhenangst emotional überfordert, zu den Aussichtsplattformen auf der sicheren Treppe hinaufzugehen oder mit dem Aufzug hochzufahren, liegt eine Angststörung vor.
Hier leiden die Betroffenen weniger unter ihren fehlenden Kompetenzen, sondern vielmehr unter ihren irrealen Ängsten. In diesem Fall ist eine Psychotherapie oder klinisch-psychologische Behandlung die geeignete Methode zur Bearbeitung der Angstproblematik.
Überforderung im Studium
Die Beispiele mit dem Bergsteiger und Eiffelturm-Besucher gelten ebenso für die Herausforderungen an der Schule oder Universität. Liegt dem Prüfungsstress eine fachliche Überforderung zugrunde, ist für die sichere Bewältigung der Aufgaben die Aneignung entsprechender Kenntnisse, Fertigkeiten und Strategien erforderlich.
Wenn die Prüfungsangst hingegen das Symptom einer psychischen Problematik ist, dann geht es wie beim Eiffelturm-Besucher im Grunde gar nicht um die aktuelle Herausforderung selbst. Diese irreale Angst ist aber genauso sinnvoll wie die reale Absturzangst des Bergsteigers, denn sie ist eine Art von Warnleuchte, die darauf hinweist, dass im Leben etwas nicht ganz stimmt.
Hintergründe und Therapie psychisch-bedingter Prüfungsängste
Angststörung
Psychodynamisches Erklärungsmodell
Psychodynamisch betrachtet liegt einer Angstneurose ein unlösbarer Autonomiekonflikt zugrunde. In einer modernen Gesellschaft sind alle Menschen mehr oder weniger diesem inneren Konflikt ausgesetzt. Die meisten Menschen gelangen jedoch selbst und mithilfe von Freunden und Kollegen zu einem einigermaßen zufriedenstellenden Kompromiss zwischen dem Bedürfnis nach Selbstbestimmung und dem Wunsch nach Sicherheit und sozialer Anerkennung.
Wenn jedoch in der Kindheit die Autonomieentwicklung beeinträchtigt wurde, kann es zu einer psychischen Überforderung bei der Lösung dieses inneren Konflikts kommen. Zwar versuchen die Betroffenen einen gelungenen Kompromiss zwischen dem Bedürfnis nach der selbstbestimmten Erfüllung der eigenen Triebwünsche einerseits und den familiären und gesellschaftlichen Werthaltungen andererseits zu finden, aber aufgrund der Defizite in der Autonomie- und Identitätsentwicklung scheitern sie daran.
Die Folge ist eine psychische Problematik wie z.B. Angststörungen, Essstörungen, Zwangsstörungen oder somatoforme Störungen. Eine Psychotherapie fördert die Autonomie- und Identitätsentwicklung und hilft dabei, die inneren Konflikte zu lösen.
Kognitiv-behaviorales Modell
Zu einer Angststörung und anderen psychischen Problemen können auch langjährig falsch eingelernte Verhaltens- und Denkweisen sowie innere Blockaden und Widersprüche führen, die in der Kindheit entstanden sind. Besonders problematisch ist dabei die Machtausübung der Bezugspersonen mittels Belohnung und Bestrafung, welche die Entwicklung von Selbstbestimmung und Selbstvertrauen beeinträchtigen kann. Mittels psychotherapeutischer Hilfe können die störungsbedingten Verhaltens- und Denkmuster verlernt, die inneren Blockaden gelöst und das Selbstvertrauen gestärkt werden, wodurch ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben ermöglicht wird.
Pathologische Ängste
Weil sich bei einer neurotischen Angststörung die Betroffenen der Irrealität ihrer Angst bzw. der übersteigerten Reaktion bewusst sind, kann diese Form der Angst nicht als pathologisch eingestuft werden. Neurotische Störungen können eher als gesunder Ausdruck der Widersprüche in unserer individualistischen Gesellschaft gesehen werden, in der sich die Menschen einerseits frei entfalten wollen und andererseits für Staat, Gesellschaft und Familie gut funktionieren sollen.
Hingegen kann bei depressiven, paranoiden und psychotischen Ängsten von einer Pathologie gesprochen werden. Dabei werden unbegründete Ängste als real wahrgenommen. Z.B. sind die Betroffenen unbegründet extrem besorgt oder sie glauben, dass sie verfolgt werden und ihnen jemand etwas böses will. In diesen Fällen braucht es eine längere Psychotherapie und meist auch eine psychiatrische Behandlung.
Außerdem werden bei manchen Persönlichkeitsstörungen äußere Widerstände und Misserfolge als tiefe persönliche Kränkung, Entwertung oder Erniedrigung wahrgenommen. Diese Selbstwertproblematik kann vor herausfordernden Prüfungen zu schweren Prüfungsängsten führen, denn ein Misserfolg würde das Selbstwertgefühl weiter drücken, was sogar in einer Depression münden kann.
Die Betroffenen spüren diese Gefahr und reagieren mit der Prüfungsangst auf die Bedrohung. Zwar kann sich die Psyche auch in diesem Fall schützen, indem beim eigenen Versagen allen anderen die Schuld gegeben wird, aber es besteht die Gefahr, dass dieses Konstrukt bei wiederholten Misserfolgen zusammenbricht. Hier ist jedenfalls eine längere Psychotherapie angezeigt.
Selbstunsicherheit
Zwischen den neurotischen und den pathologischen Ängsten liegt die Selbstunsicherheit der ängstlich-vermeidenden Persönlichkeit. Diese Problematik ist gekennzeichnet durch eine leicht depressive Grundhaltung, übermäßige Selbstkritik und eine relativ große Angst vor zwischenmenschlichen Enttäuschungen.
Eine Prüfungsangst tritt hier meist als ein selbstkritischer Zweifel auf, nicht perfekt genug auf die Prüfung vorbereitet zu sein. In der Psychotherapie ängstlich-vermeidender bzw. selbstunsicherer Persönlichkeitsanteile geht es vor allem um die Bearbeitung der zugrundeliegenden Bindungsängste und Selbstwertdefizite.
Formen von Prüfungsängsten
Die meisten Menschen werden sich in einer oder mehreren der hier beschriebenen Formen von Prüfungsangst wiederfinden.
Aufgeregtheit
Bei der Angst- und Stressregulation sind zahlreiche Neurotransmitter beteiligt wie Dopamin, Noradrenalin, Serotonin und körpereigene Opiate. Dieser Cocktail an Botenstoffen steigert die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit und Wachheit, was sich kurz vorher und am Beginn des fordernden Ereignisses in Form von Aufgeregtheit ausdrückt.
Nach Beginn der Herausforderung legt sich die anfänglich hohe Anspannung und Nervosität auf ein nützliches und förderliches Maß, sodass die Problemstellung konzentriert und leistungsstark bewältigt werden kann.
Denkblockaden und “Brain Fog”
Ein extremer Spannungs- und Unruhezustand tritt unmittelbar oder bereits Stunden vor dem Ereignis auf. Während sich bei einer unproblematischen Prüfungsangst die Anspannung und Nervosität einige Minuten nach Beginn der Herausforderung auf einen erträglichen oder sogar förderlichen Zustand reduziert, bleibt hier der starke Erregungszustand aufrecht und führt zu Denkblockaden bzw. zur Unfähigkeit, einen klaren Gedanken zu fassen (Brain Fog). Die fehlende Angst- und Stressbewältigung ist für die Betroffenen besonders frustrierend, wenn sie eigentlich viel gewusst bzw. gekonnt hätten.
Vermeidungsverhalten
In manchen Fällen wird bereits Wochen vor dem Ereignis ein beklemmendes Gefühl wahrgenommen, welches häufig zu Vermeidungsverhalten führt, z.B. Prüfung oder Referat verschieben. Können die Ängste und Zweifel nach vielem Hin und Her schlussendlich überwunden werden, ist die Angst während der Prüfung meist kein Problem mehr.
Vermeintlich unüberwindbare Herausforderungen und Hindernisse
Besonders dramatisch sind Prüfungs- und Versagensängste hinsichtlich wichtiger Abschlussprüfungen und Abschlussarbeiten, die als unüberwindbares Hindernis empfunden werden. Bei vielen Betroffenen kommt es in dieser schwierigen Phase zu einem problematischen Widerspruch. Einerseits wollen sie die Herausforderung bewältigen und die Ausbildung positiv abschließen und andererseits drängt sich der Wunsch auf, das Studium abzubrechen und etwas ganz anderes zu machen.
Die Folge dieses Widerspruchs ist ein starker innerer Spannungszustand, der zusammen mit der Versagensangst zu einem massiven Beklemmungsgefühl führen kann. Mit der adäquaten Hilfestellung ist es praktisch in allen Fällen möglich, diese vermeintlich unüberwindbaren akademischen Herausforderungen und Widerstände kompetent, motiviert, zuversichtlich und zügig zu schaffen.
Übersicht über Ursachen und Bearbeitung studentischer Probleme
Nachfolgende Tabelle bietet einen zusammenfassenden Überblick über die möglichen Ursachen von Ängsten, Stress und Blockaden im Studium und die Problembearbeitung mit Tutoring, Coaching, Beratung oder Psychotherapie.
Ursache | Bearbeitung |
---|---|
Unsicherheit mit dem Lernstoff, weil er nicht verstanden wird oder nicht gefestigt sitzt; fehlendes Grundlagenwissen; fehlende Kenntnisse erforderlicher Methoden, Softwareanwendungen und Lösungsansätze. | Tutoring bei einem fachkundigen Lehrenden, der Grundlagen, Lernstoff und methodische Vorgehensweisen verständlich vermittelt und idealerweise die Begeisterung für das Fachgebiet auf den Studierenden überträgt. |
Ungeeignete Lernmethoden und Lernstrategien; unausgereifte Techniken der Wissensanwendung bei Prüfungen; hinderliche Denkmuster bezüglich Lernen und Prüfungen; Überforderung mit der Studien- und Selbstorganisation. | Lern- und Prüfungscoaching einem erfahrenen Lehrenden oder einem Coach mit entsprechender Zusatzausbildung und eigener Erfahrungen mit den enormen Anforderungen eines Studiums. |
Zweifel an der Wahl der Studienrichtung oder fehlende Eignung dafür; Probleme mit dem System oder bestimmten Personen in der Bildungseinrichtung. | Studierendenberatung; Gespräch mit qualifizierter Vertrauensperson, die mit der Thematik gut vertraut ist (z.B. Lehrer); Prüfungscoaching; Gespräche mit guten Freunden und Studienkollegen. |
Persönliche bzw. familiäre Probleme und Belastungen; Probleme mit Lebenszielen und Entscheidungen; Gefühl von Unfreiheit und funktionieren müssen. | Wenn die Probleme allein und mithilfe von Freunden nicht mehr bewältigt werden können, hilft eine Psychotherapie oder psychologische Beratung. |
Psychische Störungen; störungsbedingte Verhaltens- und Denkmuster; Persönlichkeitsstörungen. | Psychotherapie oder klinisch-psychologische Behandlung, eventuell in Kombination mit psychiatrischer Behandlung. |