Angst und Stress

Gesunde, neurotische und pathologische Ängste und Stresszustände

Die Angst- und Stress­reaktion ist an sich eine wichtige Funktion, welche vor Gefahren und Schäden bewahrt. Die gesunde Angst führt zu einer besonderen Vorsicht und Achtsam­keit sowie zu einem nützlichen Stress- bzw. Spannungs­zustand, der die körperliche und geistige Leistungs­fähigkeit und Wachheit steigert. In der Folge können Heraus­forderungen effektiver und sicherer bewältigt werden.

Allerdings gibt es auch irreale und krankhafte Ängste, die blockierende Stresszustände auslösen und das Vorankommen im Leben erheblich beeinträchtigen können. Bei diesen problematischen Ängsten ist ein Coaching oder eine psychologische Beratung nicht geeignet, sondern die entsprechende Behandlung angezeigt!

Eine Angststörung kann mit Psychotherapie oder klinisch-psycho­logischer Behandlung in den meisten Fällen rasch und unkompliziert bearbeitet werden. Pathologische Ängste bzw. die zugrunde­liegende psychiatrischen Erkrankungen erfordern im Allgemeinen eine längere Psychotherapie in Kombination mit einer psychiatrischen Behandlung.

Angststörungen

Von einer Angststörung spricht man bei Ängsten, die ohne reale Ursache oder stark über­steigert auftreten, wobei sich die Betroffenen der Irrealität ihrer Ängste bewusst sind. Unterteilt werden diese sogenannten neurotischen Ängste in Phobische Störungen (ICD-10 F40) und andere Angst- und Panikstörungen (ICD-10 F41).

Obwohl es sich um offen­sichtlich unbe­gründete Ängste handelt, können sie die Lebens­qualität massiv beeinträchtigen und das berufliche und akademische Vorankommen erheblich behindern, denn die irrealen Ängste unterscheiden sich von einer realen Angst weder in der Qualität noch in der körperlichen Reaktion.

Wirklich unbegründet ist eine Angstneurose allerdings nicht. Eine neurotische Angst ist genauso sinnvoll wie eine reale Angst, weil sie ein Hinweis darauf ist, dass im Leben und in der Tiefe der Psyche etwas nicht ganz stimmt.

Phobie

Bei Phobien wird eine Angst- und Stressreaktion durch eine eigentlich ungefährliche Situation hervorgerufen. Typische Angst- und Stress­symptome sind Herzklopfen, Schwäche­gefühl, Kontrollverlust bis hin zum Gefühl, wahnsinnig zu werden. Die Vorstellung über das mögliche Eintreten einer phobischen Situation löste bereits Stress aus und erzeugt eine sogenannte Erwartungs­angst.

Meist ist der Angst­aus­löser streng begrenzt auf konkrete Situationen und Objekte wie bestimmte Tiere, Höhe, Flugreisen, große Plätze oder enge Räume. Von den Betroffenen werden diese angstaus­lösenden Situationen üblicher­weise vermieden.

Soziale Phobie

Eine übersteigerte bzw. unbegründete Angst vor bestimmten Situationen der sozialen Interaktion und die Furcht vor Kritik und prüfender Betrachtung durch andere Menschen wird soziale Angst­störung oder soziale Phobie genannt. Abzugrenzen ist hier zwischen einer Sozial­phobie und der normalen Anspannung in schwierigen oder ungewohnten Situationen.

Prüfungsangst und Präsentationsangst

In manchen Fällen von Prüfungsangst, Lampenfieber und Redeangst handelt es sich eben­falls um eine Sozial­phobie, wenn es dabei um eine über­steigerte Angst vor Bewertung, Kritik und prüfender Betrachtung geht. Das Lampen­fieber vor Auftritten und die typische Nervosität vor schwierigen Prüfungen hat jedoch selten etwas mit einer Angst­störung zu tun.

Agoraphobie

Die Agoraphobie hat ihren Namen von der altgriechischen Bezeichnung für Versammlungs- und Marktplatz (αγορα). Menschen mit Agoraphobie fürchten sich demnach in Menschen­mengen und auf öffentlichen Plätzen zu sein. Die Phobie kann sich auch auf die Benutzung von öffentlichen Verkehrs­mitteln beziehen. Die Angst­problematik kann harmlos beginnen und sich mit der Zeit soweit steigern, dass die Betroffenen ihre Wohnung nicht mehr verlassen können.

Panikattacken

Panikattacken bzw. Angstattacken sind intensive Ängste, die nicht vorhersehbar sind. Im Gegensatz zu Phobien treten sie in unterschied­lichsten Situationen auf. Typische Symptome einer Panik­attacke sind Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungs­gefühle, Schwindel und Entfremdungs­gefühle, oft verbunden mit der Befürchtung, zu sterben, die Kontrolle über sich zu verlieren oder wahnsinnig zu werden.

Generalisierte Angststörung

Von einer generalisierten Angststörung spricht man, wenn die Angst generell und anhaltend auftritt und nicht auf bestimmte Umgebungs­bedingungen beschränkt ist. In der Fachsprache wird die Angst als “frei flottierend” bezeichnet. Die wesent­lichen Symptome sind Nervosität, Zittern, Muskels­pannung, Schwitzen, Benommen­heit, Herzklopfen, Schwindel­gefühle oder Oberbauch­beschwerden. Häufig befürchten Patienten, sie selbst oder ein naher Angehöriger könne schwer erkranken oder einen Unfall haben.

Abgrenzung der neurotischen Angststörung zu anderen problematischen Ängsten

Krankhafte Ängste

Die meisten schweren psychischen Störungen sind mit Ängsten verbunden, wobei die Irrealität der Angst weniger bis gar nicht bewusst ist. Solche Störungen sind z.B. paranoide Schizo­phrenie, Depressionen, posttraumatische Belastungs­störung, Sucht­erkrankungen und Persönlich­keits­störungen.

Ängstlich vermeidendes Beziehungs­verhalten

Die selbst­unsichere Persönlich­keits­störung wird häufig mit der sozialen Phobie verwechselt, denn bei beiden Störungen ist ängstlich-vermeidendes Sozial­verhalten symptomatisch. Allerdings ist die soziale Phobie eine neurotische Störung und bezieht sich die auf spezifische Situationen der sozialen Interaktion, während eine tiefere Selbst­unsicher­heit die gesamte Persönlich­keit umfasst und das zwischen­menschliche Beziehungs­erleben beeinträchtigt.

Angst vor wieder­kehrenden körperlichen Beschwerden

Auch somatoformen Störungen (körperliche Erkrankungen mit psychischer Ursache) sind häufig mit Angst­zuständen verbunden. Besonders dramatisch ist hier, dass die Angst vor wieder­kehrenden Beschwerden gepaart mit einer übersteigerten Symptom­wahr­nehmung wesentlich zur Aufrecht­erhaltung der somatoformen Störung beiträgt.

Angstproblematik als Komorbidität bei Alkohol- und Drogen­abhängigkeit

Eine Angstsymptomatik ist häufig auch bei Alkohol- und Drogen­abhängig­keit zu beobachten, wobei die Ängste meist nach einer erfolg­reichen Entgiftung und Entwöhnung wieder verschwinden. Es kommt aber auch vor, dass Betroffene einer Angststörung ihre Ängste mithilfe von Alkohol und Drogen bekämpfen wollen und sich auf diese Weise zusätzlich ein Alkohol- bzw. Drogen­problem einhandeln.

Hilfreiche Links

Unterschied psychologische Beratung, klinisch-psychologische Behandlung, Psychotherapie und psychiatrische Behandlung

Grundlagen der Psychotherapie, Methoden, Kosten­ersatz und Therapeutensuche

Infobroschüre über Psychotherapie (PDF, 850kB)