Was ist Coaching?
Definition von Coaching und Abgrenzung zu Training, Beratung und Therapie
Der Ursprung des Coaching-Begriffs ist im akademischen Bereich zu finden. Um 1830 wurden Tutoren an der Oxford University umgangssprachlich als Coaches bezeichnet, weil sie Studierende durch schwer überwindbare akademische Aufgabenstellungen und Prüfungen beförderten (Quelle: Wikipedia).
Coach ist eigentlich das englische Wort für Kutsche (später auch für Personenwaggon und Reisebus) und weist auf die Eigenschaft des Transportierens bzw. Beförderns von Menschen hin. Coaching kann demnach als ein Begleitungsprozess definiert werden, der Menschen hinsichtlich eines persönlichen Anliegens von einem Ausgangspunkt zu einem gewünschten Ziel befördert.
Demzufolge handelt es sich bei einem Coaching um eine Art des Förderunterrichts. Die Förderung befördert den Klienten zu seinem Ziel. Förderung und Zielorientierung sind die maßgeblichen Kriterien eines Coachings.
Unterschiedliche Definitionen von Coaching
Aufgrund der Herkunft des Begriffs, schauen wir zuerst nach, wie Coaching im englischen Sprachraum definiert ist. Wikipedia sagt dazu:
Coaching is a form of development in which a person called a coach supports a learner or client in achieving a specific personal or professional goal by providing training and guidance.
Die International Coaching Community erwähnt unter anderem auch den Optimierungsaspekt des Coachings:
Coaching unlocks a person's potential to maximise their performance. ... The coach helps the client to achieve their personal best and to produce the results they want in their personal and professional lives.
Im deutschen Sprachraum haben sich die verschiedenen Interessensgruppen ihre eigene Definition von Coaching gebastelt. Die österreichische Wirtschaftskammer beschreibt unter Berufsbild Coaching:
Professionelles Coaching versteht sich als Unterstützung in Entscheidungssituationen und Begleitung in komplexen Veränderungsprozessen. Viele Anforderungen werden dadurch erfolgreich bewältigt. Coaching leistet damit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Qualitätssicherung.
Der österreichische Coaching-Dachverband schränkt seine Definition von Coaching auf den beruflichen Kontext ein und benennt konkret den Beratungsaspekt:
Coaching ist ein interaktiver personenzentrierter Beratungs- und Begleitungsprozess im beruflichen Kontext, der zeitlich begrenzt und thematisch (zielorientiert) definiert ist. Die individuelle Beratung von einzelnen Personen, Gruppen oder Teams richtet sich auf fachlich-sachliche und/oder psychologisch-soziodynamische Fragen bzw. Problemstellungen, die sich auf die Arbeitswelt beziehen.
Hingegen sehen Unternehmensberater ein Coaching als Hilfe zur Selbsthilfe und differenzieren zwischen Coaching und Beratung (Quelle: Berufsbild Unternehmensberatung, PDF 245 kB):
Coaching ist eine Methode zur Befähigung von Individuen zur Findung von Problemlösungen aus sich selbst heraus. Der Coach führt den Coachee durch seine Fragen zu eigenen Antworten. Wenn der Coachee die inhaltliche Meinung des Coaches abfragt, wird Coaching zur individuellen Fachberatung.
Diese Definition deckt sich mit dem Wikipedia-Eintrag zum Business Coaching:
Anders als ein Berater (Consultant) oder ein Trainer macht ein Business Coach seinem Kunden weder direkte Lösungsvorschläge noch vermittelt er Fachwissen oder bestimmte Fertigkeiten, sondern er begleitet ihn bei der Entwicklung eigener individueller und nachhaltiger Lösungen.
Im deutschsprachigen Wikipedia gibt es dann auch gleich die entsprechende gerechtfertigte Kritik zu den Definitionen von Coaching:
.... Dabei bleiben die Begriffe “Begleitung” und “Unterstützung” so vage, dass man nicht erkennen kann, welche konkreten Methoden sich dahinter verbergen. Besonders auffällig ist die verbreitete Verwendung blumiger Worthülsen wie “professionelles Beratungsformat” oder “andauernde Partnerschaft auf Prozessebene” oder “interaktiver, prozessorientierter Beratungs- und Begleitungsprozess”. ... Fazit: Coaching ist in der Praxis ein schillerndes Modewort für traditionelle Lern-, Trainings- und Beratungsaktivitäten.
Coaching ist also unklar definiert und die Definitionen unterscheiden sich in Teilen beträchtlich, insbesondere hinsichtlich des Trainings- und Beratungsaspekts. Unter Berücksichtigung von Ursprung und Entstehungsgeschichte kann jedoch folgendes festgestellt werden:
Coaching ist eine individuelle Hilfestellung zum bestmöglichen und sicheren Erreichen eines bestimmten persönlichen oder professionellen Ziels mittels Training und “Guidance”, wobei Guidance als Begleitung und Förderung durch eine erfahrene Person mit entsprechendem Wissensvorsprung und Erfahrungswissen verstanden werden kann.
Entstehungsgeschichte des Coachings
Akademisches Coaching
Wie bereits einleitend erwähnt, liegt der Ursprung des Coaching-Begriffs beim zielorientierten Tutoring, um eine bestimmte akademische oder wissenschaftliche Aufgabenstellungen erfolgreich zu meistern.
Coaching im Sport
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff Coaching auch im sportlichen Bereich zunehmend eingesetzt. Mit den amerikanischen Medien ist der Coach auch bei uns zum Standardbegriff für Trainer im sportlichen Bereich geworden.
Coaching für Führungskräfte und Experten
Mit der Veränderung der Wirtschafts- und Arbeitswelt wurde das Coaching berufsspezifischer und speziell für das Tätigkeits- und Persönlichkeitsprofil von Führungskräften im Business- und Managementbereich weiterentwickelt. Das sogenannte Executive Coaching wird meist von Unternehmensberatern und Psychotherapeuten mit Wirtschafts- und Führungserfahrung angeboten.
Coaching im Bereich der Lebensberatung und Persönlichkeitsentwicklung (Life Coaching)
Das Coaching zur gezielten Persönlichkeitsentwicklung und als Lebensberatung ist relativ neu. Vermutlich ist die Verbreitung in diesem Bereich auf die moderne urbane Gesellschaft und auf den Rückgang der Bedeutung der Religion zurückzuführen. Der offenbar erhöhte Bedarf an Persönlichkeitscoaching und Lebensberatung weist außerdem auf Leistungsdruck, Ehrgeiz, Narzissmus und Vereinsamung in unserer modernen Gesellschaft hin.
Noch vor wenigen Jahrzehnten standen für die Gespräche über psychische Probleme und Krisen die alten weisen Menschen im Dorf oder der Pfarrer zur Verfügung. Aber vor allem waren und sind es noch immer die tieferen zwischenmenschlichen Beziehungen im nahen persönlichen Umfeld, die bei persönlichen Problemen unterstützend wirken und durch schwere Krisen tragen.
Coaching als personenzentrierte Hilfestellung in allen Lebensbereichen
Mittlerweile wird Coaching in allen Lebensbereichen und Lebenssituationen angewendet, in denen eine Hilfestellung bei der Entwicklung und Entfaltung von Fertigkeiten und Fähigkeiten erwünscht ist. Ziel ist, eine bestimmte Aufgabe oder Situation besser zu bewältigen bzw. ein bestimmtes Ziel leichter zu erreichen.
Außerdem hat in den letzten Jahren eine sprachliche Veränderung von Einzelunterricht hin zum Coaching stattgefunden. Insbesondere soll damit verdeutlicht werden, dass bei der Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten individuell auf den Lernenden und seine Ziele eingegangen wird, um das Bestmögliche aus sich herausholen zu können.
Coaching und die Abgrenzung zu Training, Beratung, Mentoring und Supervision
Beispiel 1: Fußballtraining
Am einfachsten sind die Unterschiede im Zusammenhang mit dem Fußballtraining zu verdeutlichen:
- Als Trainer sind dem Fußballcoach die Techniken und Strategien des Fußballspiels gut vertraut, die er in der Folge den Spielern vermittelt;
- als Coach fördert er den Lernenden gezielt und individuell bei der Aktivierung, Weiterentwicklung und Entfaltung spieltechnischer, persönlicher und körperlicher Fähigkeiten und Potentiale;
- als Berater hilft er den Spielern mit konkreten Lösungsvorschlägen und Empfehlungen;
- als Supervisor bespricht er mit dem Team die Probleme und Konfliktsituationen, die innerhalb der Mannschaft auftreten mit dem Ziel der Verbesserung von Teamprozessen;
- als Mentor geht er auf die fußballspielerischen Probleme der einzelnen Spieler ein, wobei er auf die eigenen Erfahrungen als Fußballspieler zurückgreift und die daraus gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Bewältigungsstrategien weitergibt.
Nicht nur beim Fußballtraining, sondern in vielen Fällen eines Coachings ist der Coach auch Trainer, Berater, Supervisor und Mentor, wenn es die Situation erfordert. D.h. alle Formen der Begleitung finden im Betreuungsprozess statt, aber dennoch kann zwischen den Begleitungsformen unterschieden werden. Im Falle dieser Multifunktion sollte der Coach sowohl über eine professionelle Coachingqualifikation als auch über die entsprechende Fachqualifikation einschließlich längerer Berufserfahrung verfügen, damit der förderliche Begleitungsprozess gut gelingt.
Beispiel 2: Wissenschaftscoaching
Wie schwierig es sein kann, die passende Hilfestellung zu finden, zeigt sich am Beispiel des Wissenschaftscoachings. Hier geht es um das Ziel, eine wissenschaftliche Arbeit verfassen zu können und erfolgreich einzureichen.
Wenn psychologische Berater und Psychotherapeuten ohne längerer Forschungserfahrung oder Universitätsprofessur ein Wissenschaftscoaching anbieten, handelt es sich meist um eine psychologische Unterstützung zur gelungenen Bewältigung der persönlichen Krisen, psychischen Belastungen und familiären Konflikten, die im Zusammenhang mit dieser großen Herausforderung auftreten können.
Bietet hingegen ein erfahrener Wissenschaftler ein Wissenschaftscoaching an, so kann es sich sowohl um ein Training, Mentoring & Coaching als auch um eine Beratung handeln. Im ersteren Fall steht der professionelle Wissens- und Erfahrungstransfer sowie die gezielte Weiterentwicklung der erforderlichen akademischen und personalen Schlüsselkompetenzen im Mittelpunkt, um die Aufgabenstellung selbstständig, kompetent und zielführend lösen zu können.
Im Falle einer wissenschaftlichen Beratung werden hingegen konkrete Lösungsvorschläge und Empfehlungen gegeben, was bei einer Masterarbeit oder Dissertation zu ethischen Konflikten führen kann, denn die Arbeit wurde dann eben nicht ganz selbstständig verfasst.
Coaching in Lern- und Trainingsprozessen
Bei der Vermittlung von Wissensinhalten, Kenntnissen, Fertigkeiten und Strategien wird im Allgemeinen von einem Training gesprochen. Mit einen Training werden die grundlegenden Voraussetzungen geschaffen, bestimmte Aufgabenstellungen zu bewältigen bzw. ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Wenn die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten individuell gefördert und gezielt weiterentwickelt werden, kann auch von Coaching gesprochen werden. D.h. im Grunde ist jeder Nachhilfeunterricht, jeder Gesangsunterricht und praktisch jedes individuell abgestimmte Training auch ein Coaching.
Coaching und die Abgrenzung zur Psychotherapie
Wird Coaching zur gezielten Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, zur gezielten Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen oder als Unterstützung bei persönlichen und beruflichen Problemen eingesetzt, kann die Hilfestellung in die Nähe von Psychotherapie geraten. Viele Coaches und Lebensberater wenden sogar Elemente psychotherapeutischer Methoden an und sprechen von “Psychotherapie für Gesunde”. Ein guter Artikel dazu ist im Psychology Today zu finden.
Unterschiedliche Ziele und Zielgruppen
Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ziele und Zielgruppen von Psychotherapie versus Coaching wird allerdings eine deutliche Abgrenzung erkennbar. Gemäß der Infobroschüre des Gesundheitsministeriums (PDF, 850 kB) ist das Ziel einer Psychotherapie, psychisches Leid zu heilen oder zu lindern, in schweren Lebenskrisen zu helfen und gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern.
Eine Psychotherapie kann sich auch gezielt der Persönlichkeitsentwicklung, der Selbsterfahrung und der Verwirklichung persönlicher und beruflicher Bedürfnisse widmen, aber im Allgemeinen erfolgen diese persönlichen Entwicklungsprozesse im Rahmen der therapeutischen Wiederherstellung von Gesundheit und Funktionalität.
Hingegen geht es in einem Coaching darum, den Klienten bei einer herausfordernden Aufgabe, einer schwierigen Lebenssituation oder bei der Realisierung eines bestimmten beruflichen, akademischen oder persönlichen Ziels zu unterstützen und dabei die Entwicklung und Entfaltung spezifischer Fertigkeiten und Fähigkeiten zu fördern.
Bei psychisch gesunden Menschen wäre eine Psychotherapie als Hilfestellunge zur Bewältigung einer bestimmten Herausforderung oder zur Erreichung eines bestimmten Ziels eine Maßnahme, die über das Ziel hinausschießt.
Wann braucht es bei der Realisierung von Zielen eine Psychotherapie
Wenn allerdings die wirksame Umsetzung von Fähigkeiten, die Bewältigung einer schwierigen Lebenssituation oder die Erreichung eines realistischen Ziels durch eine psychische Problematik behindert wird oder ein Ziel aufgrund einer gestörten Selbstwahrnehmung unrealistisch hoch ist, dann ist eine Psychotherapie empfehlenswert. Dementsprechend wird ein erfahrener professioneller Coach diese Empfehlung aussprechen.
Bearbeitung von Defiziten in der kindlichen Entwicklung
Die Grenze zur Psychotherapie ist schnell überschritten, wenn es im Coaching um die Bearbeitung von Defiziten in der kindlichen Entwicklung geht. Dabei ist allerdings zwischen psychischer Entwicklung und Kompetenzentwicklung zu unterscheiden. Defizite in der kindlichen Kompetenzentwicklung sind ein Aufgabenbereich von Lehrenden und Coaches. Z.B. wenn die kommunikative Kompetenz oder Lernkompetenz für schwierige berufliche und akademische Anforderungen nicht ausreichend entwickelt wurde, kann das entsprechende Lehr- und Coachingangebot weiterhelfen.
Methodische Unterschiede zwischen Coaching und Psychotherapie
Eine psychotherapeutische Behandlung wird von einer fundierten Theorie und einer empirisch gestützten Psychotherapiemethode geleitet. Beim Coaching kommen hauptsächlich pädagogische Ansätze, Coaching-Tools und einzelne Elemente psychotherapeutischer Methoden zum Einsatz, die z.B. auf Ressourcenaktivierung oder Perspektivenwechsel abzielen.
Auch im Arbeitsprozess gibt es deutliche Unterschiede. Im Allgemeinen arbeiten Coaches auf die Zukunft orientiert. Hingegen muss in den meisten Therapien auch die Vergangenheit betrachtet werden, um eine Pathologie zu bearbeiten, die fast immer in der Kindheit entstanden ist.
Coaching und die Abgrenzung zur Beratung
Eine Beratung bzw. Konsultation ist eine strukturierte Kommunikation mit dem Ziel, Information und Erkenntnisse weiterzugeben, die dem Klienten anstehende Entscheidungen ermöglichen oder erleichtern. Im Allgemeinen unterbreitet der Berater konkrete Lösungsvorschläge und Empfehlungen.
Zum Beispiel ist ein statistisches Consulting ein Beratungsgespräch zur Anwendung statistischer Methoden. Dabei empfiehlt der Statistiker dem Klienten die adäquate statistische Methode und erklärt, warum gerade dieses bestimmte Verfahren zur gegebenen wissenschaftlichen Fragestellung angewendet wird.
Hingegen ist Coaching eine Hilfe zur Selbsthilfe, in der eine selbstständige Lösungsfindung und Problembearbeitung erfolgt, wobei der Coach den Klienten zielführend begleitet.
Coaching kann selbstverständlich durch Beratung ergänzt werden, aber dabei ist zu berücksichtigen, dass mit den Lösungsvorschlägen einer Beratung der Lern- und Entwicklungsprozess weitgehend übergangen wird. Die ergänzende Beratung bei einem Coaching sollte nur nach Vereinbarung bzw. bei konkreten Fragen des Klienten erfolgen, denn wie kommt der Klient dazu, wenn ihm Lösungsvorschläge und Empfehlungen aufgedrängt werden, obwohl er eigentlich wegen des Lern- und Entwicklungsprozesses beim Coaching ist.
Supervision
Gemäß Cambridge Dictionary ist Supervision
“the act of watching a person or activity and making certain that everything is done correctly.”
Ähnliches findet sich auf Wikipedia, wo Supervision als
“... an act or instance of directing, managing, or oversight ... act or function of overseeing something or somebody ...”
definiert wird. Supervision bezieht also den Aspekt der Qualitätskontrolle und Sicherheit in das Coaching mit ein.
Supervision in Ausbildungsprozessen
Eine Supervision ist in Ausbildungs- und Arbeitsbereichen wichtig, wo es essentiell ist, eine professionelle Aufsicht zu gewährleisten und das berufliche Handeln zu prüfen und zu verbessern. Z.B. ist dies bei der Behandlung von Patienten oder bei der Arbeit mit gefährlichen Substanzen in Laboren der Fall.
Im englischen Sprachraum wird die Betreuung einer wissenschaftlichen Arbeit als Supervision (Thesis supervision) bezeichnet. Da unsere Universitäten vermehrt in Englisch unterrichten, kann damit gerechnet werden, dass auch hier die Begriffe Supervision und Supervisor häufiger anzutreffen sein werden.
Supervision als erfahrene Beratung
Neben dem Aufsichtscharakter kann Supervision auch als konkrete Fachberatung erfolgen. Z.B. besprechen Psychotherapeuten konkrete Patientenfälle mit einem Supervisor, um eine andere Perspektive auf den Fall zu erhalten und möglichst nichts zu übersehen.
Supervision zur Verbesserung von Arbeits- und Teamprozessen
Insbesondere im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie an Ämtern mit Parteienverkehr, aber auch in größeren Betrieben der Privatwirtschaft, wird Supervision als eine Beratungsform zur besseren Bewältigung konkreter beruflicher Situationen sowie als Maßnahme zur Team- und Organisationsentwicklung eingesetzt.
Dabei geht es vor allem um Belastungssituationen, Konfliktbereiche, Verantwortungsübernahme, Effizienz und Effektivität der Teamarbeit sowie um die Arbeitszufriedenheit. Die Führung dieser Teamgespräche erfolgt durch erfahrene Psychotherapeuten, Psychologen, Lebensberater, Unternehmensberater und entsprechend ausgebildete Supervisoren.
Dienstvorgesetzter als Supervisor
In manchen Betrieben werden Vorgesetzte als Supervisoren bezeichnet, die weniger erfahrene Mitarbeiter unterweisen, wobei es sich eher um Training und Mentoring mit inkludierter Qualitätskontrolle handelt.
Mentoring
Der Prozess, bei dem eine erfahrene Person ihr Fach- und Erfahrungswissen sowie persönliche Erkenntnisse und entwickelte Bewältigungsstrategien an eine weniger erfahrene Person weitergibt, wird Mentoring genannt.
Ein fachspezifisches Coaching wie Business Coaching, Wissenschaftscoaching oder Voice Coaching ist praktisch immer auch ein Mentoring.
Der Unterschied zwischen Coaching und Mentoring liegt vor allem darin, dass es beim Coaching um die Erreichung eines bestimmten persönlichen oder professionellen Ziels geht, während Mentoring eine kontinuierliche qualifizierte Begleitung bei der fachlichen und personalen Kompetenzentwicklung ist.
Innerhalb von Unternehmen, Organisationen und Institutionen findet Mentoring eingebettet in der beruflichen, sozialen, wissenschaftlichen, edukativen oder künstlerischen Tätigkeit statt.
Gesetzliche Regelungen
Rechtliche Bestimmungen zu Berufsbezeichnungen
Training, Coaching, Beratung, Supervision und Mentoring sind Begriffe für Tätigkeiten, die in allen Lebensbereichen Anwendung finden können. Deshalb sind diese abstrakten Tätigkeitsbegriffe nicht gesetzlich geschützt. D.h. jeder kann sich Trainer, Coach, Berater, Supervisor oder Mentor nennen.
Maßgeblich für die Berechtigung zur Berufsausübung ist nicht die Bezeichnung einer Tätigkeit, sondern deren Absichten, Ziele und Inhalte. Gesetzlich eingeschränkt ist daher die professionelle bzw. gewerbliche Ausübung von Coaching, Beratung und Supervision im Zusammenhang mit einer gesetzlich geschützten oder reglementierten beruflichen Tätigkeit.
Gewerbeanmeldung
Eine Gewerbeanmeldung bei der WKO ist nur für eine gewerbliche Erwerbstätigkeit erforderlich. Die österreichische Gewerbeordnung kennt reglementierte und freie Gewerbe. Freie Gewerbe dürfen nicht mit den nachfolgend beschriebenen Freien Berufen verwechselt werden, die von der Gewerbeordnung ausgenommen sind.
Für reglementierte Gewerbe ist ein Befähigungsnachweis bei der Gewerbeanmeldung erforderlich. Z.B. sind Lebensberater und Unternehmensberater in einem reglementierten Gewerbe erwerbstätig. Freie Gewerbe darf hingegen jeder ausüben. Z.B. braucht der “Aufräumcoach” oder der “Farb–Typ–Stilberater” zwar eine Gewerbeanmeldung, aber gemäß Bundeseinheitliche Liste der freien Gewerbe ist kein Befähigungsnachweis erforderlich.
Freie Berufe
Von der Gewerbeordnung ausgenommen sind die Freien Berufe (Ärzte, Anwälte, Notare, Steuerberater, Psychotherapeuten, Psychologen, Sozialarbeiter, Hebammen, Dolmetscher, Journalisten, Schriftsteller, Wissenschaftler, Künstler).
Freier Beruf bedeutet allerdings nicht, dass die Berufsbezeichnungen frei verwendbar wären. Zwar kann sich jeder als Schriftsteller, Wissenschaftler oder Künstler bezeichnen, aber viele der Berufstätigkeiten der Freien Berufe sind gesetzlich streng geschützt.
Zu beachten ist auch für Freiberufler, dass sie bei der Ausübung von Coaching, Beratung und Supervision nicht mit einer gesetzlich geschützten oder reglementierten Berufstätigkeit außerhalb ihres Fachgebiets in Konflikt geraten.
Freiheit der Wissenschaft und Kunst
Die Ausübung des Erwerbszweiges des Privatunterrichtes ist gemäß § 2 Absatz 1 Z 12 GewO 1994 vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen. Grundlage für diese gewerberechtliche Deklaration ist die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre sowie der Freiheit des künstlerischen Schaffens, der Vermittlung von Kunst und deren Lehre gemäß Artikel 17 und 17a des Staatsgrundgesetzes RGBl. Nr. 142/1867. D.h. der § 2 Abs 1 Z 12 GewO 1994 ist im Grunde keine gesetzliche Regelung, sondern eine Deklaration bzw. Klarstellung eines verfassungsrechtlichen Sachverhalts.
Diese verfassungsrechtlich zugesicherte Freiheit gilt demnach für jegliches Training sowie für Coaching und Supervision in Bezug auf das schulische, akademische, musikalische und künstlerische Lernen, einschließlich der Vermittlung damit verbundener grundlegender geistiger und körperlicher Fertigkeiten, wie z.B. Lernstrategien und Merktechniken beim schulischen Lernen; Haltung, Fingertechniken und Übungsstrategien beim Erlernen eines Musikinstruments oder Körperhaltung, Stimmbildung und Atemtechniken beim Gesangsunterricht.
Coaching, Supervision und Beratung aus reglementierten Berufen getarnt als Privatunterricht oder energetische Beratung
In vielen Fällen gilt Coaching und Supervision als Privatunterricht sofern 1) keine individuelle Beratung mit konkreten Lösungsvorschlägen und Empfehlungen stattfindet und 2) keine Rechtsvorschriften die Ausübung einschränken, z.B. aufgrund einer möglichen Gesundheitsgefährdung.
Der zweite Punkt gilt auch für Energetiker, die zwar im gewerberechtlichen Sinne beraten dürfen, aber nicht den Ärzten, Psychologen, Therapeuten, Diätologen und Lebensberatern vorbehaltenen Tätigkeitsbereich betreffend. Allerdings gibt es einige Graubereiche, die noch nicht letztinstanzlich geklärt sind oder für die noch keine gesetzliche Grundlage existiert. Eindeutig festgelegt und höchstgerichtlich geklärt ist dieser Sachverhalt für die Beratung und Behandlung kranker Menschen. Hier bedarf es der entsprechenden ärztlichen, psychologischen oder therapeutischen Zulassung.
Gesetzliche bzw. gewerberechtliche Regelungen gibt es auch zu Coaching und Beratung von Menschen im Zusammenhang mit Persönlichkeitsproblemen, Ehe- und Familienproblemen, Erziehungsproblemen, Berufsproblemen und sexuellen Problemen sowie für die psychologische Beratung, Ernährungsberatung und sportwissenschaftliche Beratung. Hier braucht es gemäß § 119 GewO die Anmeldung als Gesundheitsgewerbe mit entsprechendem Befähigungsnachweis.
Betreffend § 119 GewO gibt es zwei OGH-Entscheidungen zu Ernährungstrainer, Ernährungscoaches und Energetiker, die individuelle Einzelberatung in Ernährungsfragen und zum Thema Abnehmen als Schulung bzw. Einzeltraining oder als energetische Beratung angeboten haben.
Da eine Falschberatung in diesem Bereich gesundheitliche Probleme verursachen könnte, ist die Ausübung der Ernährungsberatung gesetzlich geregelt bzw. mit § 119 GewO reglementiert. Dies hat der OGH bestätigt und auf die dafür notwendige Ausbildung verwiesen (Entscheidung zu Ernährungstraining GZ: 4Ob222/17a und Entscheidung zu Humanenergetik GZ: 4Ob61/14w). Vermeintliche Auswegrouten der Ernährungsberatung über Ernährungstraining oder energetische Behandlung wurden damit geschlossen.
Verwechslungsgefahr mit gesetzlich geschützten therapeutischen Berufstätigkeiten
Die Tätigkeitsbegriffe Therapeut und Therapie an sich sind nicht gesetzlich geschützt. Allerdings haben Trainer, Coaches, Berater und Supervisoren jedenfalls darauf zu achten, dass ihre ausgeübte Tätigkeit nicht mit einer gesetzlich geschützten therapeutischen Berufstätigkeit in Konflikt gerät oder verwechselt werden kann. Generell sind sowohl im psychischen als auch im körperlichen Bereich jegliche Heilsversprechen bzw. mit einer mezinischen oder therapeutischen Behandlung verwechselbaren Aussagen zu unterlassen.
Z.B. darf beim Angebot der Bearbeitung von Prüfungsängsten im Rahmen einer psychologischen Beratung oder eines Lerncoachings keinesfalls irreführend der Eindruck erweckt wird, dass damit eine Psychotherapie verbunden ist bzw. dadurch der Besuch beim Psychotherapeuten entbehrlich wird.
Auch Ernährungsberater müssen darauf achten, nicht mit Diätologen oder Ernährungsmedizinern verwechselt zu werden, die Menschen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen, z.B. bei Vorliegen oder Verdacht einer Krankheit, ernährungstherapeutisch betreuen.
Zu unterscheiden ist dabei zwischen Behandlung und präventiver Maßnahmen. Z.B. wird ein erfahrener Tanz-, Musik- oder Gesangslehrer immer auch präventivmedizinisch tätig, in dem er auf die Gefahren einer Verletzung oder Schädigung bei falscher Vorgehensweise beim Tanzen, Musizieren oder Singen hinweist.
Aber auch wenn klar ist, dass z.B. ein Tanztraining phänomenale positive Auswirkungen auf die Körperhaltung haben kann, so darf eine Tanzschule nicht für die Heilung von Haltungsschäden werben bzw. den Eindruck erwecken, dass das Tanzen eine Physiotherapie ersetzt.
Den passenden Experten finden
Google-Suche
Ohne Empfehlungen von Freunden oder Kollegen ist mittlerweile eine Internetsuchmaschine wie Google, DuckDuckGo, etc. die effektivste Hilfe bei der Suche nach dem passenden Trainer, Coach, Berater oder Supervison.
Nehmen Sie sich Zeit zum Recherchieren und schauen Sie sich nicht nur die Suchergebnisse auf der ersten Seite an. Beachten Sie, dass Suchergebnisse auf vorderen Plätzen nichts über die Fachkompetenz des Experten aussagt, sondern eher etwas über den Aufwand für das Erstellen der Webseiteninhalte und für die Suchmaschinenoptimierung.
Infos auf der Webseite
Anhand von Informationen auf der Webseite des Experten ist schon eine Auswahl nach Kriterien wie Arbeitsschwerpunkte, Methoden, Ausbildung, Berufserfahrung, Kosten und Lage möglich.
Lassen Sie sich aber nicht von der hochprofessionellen stilvollen Gestaltung einer Webseite, “klugen” Sprüchen und zahlreichen nicht-überprüfbaren Referenzen blenden, sondern achten Sie mehr auf informative, glaubwürdige und nachvollziehbare Inhalte.
Bleiben Sie kritisch, insbesondere wenn etwas beim Qualifikationsprofil nicht stimmig ist. Bei manchen Coaches ist die Über-mich-Seite eher eine Über-Sie-Seite, in der kaum etwas über die echte Qualifikation des Coaches herauszufinden ist oder jedes einzelne Wochenendseminar als umfassende Weiterbildung angegeben wird.
Ob der Experte persönlich passt und ausreichend mit Ihrem Anliegen vertraut ist, können Sie beim Erstgespräch klären.
Online-Portale
Für personenzentrierte Dienstleistungen gibt es einige kommerzielle Online-Portale. Ich nenne hier keine dieser Webseiten, weil es rechtlich als Werbung aufgefasst werden könnte.
Der Vorteil dieser Online-Portale ist, dass beim Suchergebnis nur entsprechende Experten gelistet werden und es bei der Suche vorgegebene Kategorien gibt (Thema, Arbeitsschwerpunkte des Experten, Ort, etc.).
Der Nachteil kommerzieller Online-Portale ist, dass bei der Ergebnis-Listung relevant ist, ob es sich um eine bezahlte Eintragung handelt. Der Großteil der Experten begnügt sich in diesen Verzeichnissen mit einer nachgereihten unscheinbaren Gratiseintragung. Außerdem sind viele gar nicht eingetragen oder der Eintrag ist nicht mehr aktuell. Hingegen hat praktisch jeder selbständig tätige Trainier, Coach oder Berater eine Webseite und ist über die Suchmaschinen direkt auffindbar.
Erstgespräch
Beim unverbindlichen Erstgespräch können sich Klient und Experte kennen lernen und feststellen, ob eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Im Rahmen der ausführlichen Besprechung des Anliegens ist erster Einblick in die Arbeitsweise und Kompetenz des Experten möglich.
Das primäre Ziel eines Erstgesprächs ist, dass der Klient die bestmögliche Betreuung für sein Anliegen bekommt. Sollte der Experte mit der Thematik oder Problematik nicht ausreichend vertraut oder rechtlich nicht dazu befähigt sein, ist es seine ethische und gesetzliche Verpflichtung, dies auch zu benennen. Professionell arbeitende Trainer, Coaches, Berater und Supervisoren sind gut vernetzt und können in diesem Fall eine Empfehlung für entsprechende Experten geben.