Ehrgeiz und Leidenschaft
Erfolgreich durch ehrgeizige Ambitionen und leidenschaftliche Aktivitäten
Für Ehrgeiz gibt es unterschiedliche Definitionen und Betrachtungen. Auf den ersten Blick fällt die Verbindung der beiden Wörter Ehre und Geiz auf. Ehrgeiz hat also viel mit dem Streben nach Erfolg, Ansehen und Anerkennung zu tun, wobei dieses soziale Bestreben nicht immer ein Drang nach Großartigkeit sein muss, sondern auch mit dem Bedürfniss nach einem gesicherten Lebensunterhalt zusammenhängen kann.
Der Geiz im Ehrgeiz geht auf das Wort Gier zurück. Die ursprüngliche Bedeutung von Ehrgeiz ist also eine Gier nach Ehre. Ich persönlich verbinde den Geiz im Ehrgeiz eher mit den Verzichten, die mit der ambitionierten Zielstrebigkeit verbunden sind, denn ohne Leistungsbereitschaft, Opferbereitschaft, Anstrengungen und Perfektionismus werden hohe Ziele kaum erreichbar sein.
In diesem Sinne ist Ehrgeiz verwandt mit Leidenschaft, welche Leidensfähigkeit abverlangt, um eine Aktivität leidenschaftlich intensiv ausüben zu können. Ein leidenschaftlicher Tänzer wird ein gewisses Maß an Leiden auf dem Weg bis zur hervorragenden Performance erleben. Aber während bei der Leidenschaft die Anstrengungen als lustvoll empfunden werden (z.B. beim Tanzen), ist dies beim Ehrgeiz oft nicht der Fall.
Wenn ich nun mich selbst hinsichtlich meiner wissenschaftlichen Laufbahn betrachte, dann stelle ich fest, dass ich eine leidenschaftliche Forscherin und Entdeckerin bin, wobei mir vor allem das Lernen und die neuen Erkenntnisse und Erfahrungen wichtig sind. Hingegen war meine Karriere als ehrgeizige Wissenschaftlerin vielmehr von der Ambition geprägt, das Doktorat zu erlangen, in führenden wissenschaftlichen Fachzeitschriften zu publizieren und eine international anerkannte Expertin zu sein.
Produktives Leistungs- und Erfolgsstreben
Ehrgeiz und Leidenschaft können sowohl produktiv als auch destruktiv sein. Aus meiner eigenen Perspektive und Lebenserfahrung sind ehrgeizige Zielstrebigkeit und leidenschaftliche Aktivitätsausübung dann gut, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es wird ein wahres persönliches Ziel angestrebt, anstatt ein gesellschaftlich idealisiertes oder familiär vorgegebenes.
- Die eigene körperliche und psychische Unversehrtheit bleibt erhalten, wobei man gelegentlich schon an seine körperlichen und mentalen Grenzen gehen kann und sollte.
- Die guten Beziehungen zu anderen Menschen bleiben erhalten und die anderen werden durch meine ehrgeizige oder leidenschaftliche Selbstverwirklichung nicht geschädigt.
Können diese Bedingungen nicht eingehalten werden, dann empfinde ich Ehrgeiz als bedenklich. Ich würde mich selbst auch nicht mehr mögen, wenn ich diese elementaren Bedüfnisse nicht weitgehend erfüllen könnte.
Coaching oder Psychotherapie zur gesunden Regulation von Ehrgeiz und Leidenschaft?
Bei psychisch gesunden Menschen ist dieses “sich selbst nicht mehr mögen” beim ehrgeizigen Anstreben eines Ziels oder leidenschaftlichen Ausüben von Aktivitäten ein wichtiges Regulativ. Oft braucht es dazu die guten nahen Beziehungen, einen erfahrenen Mentor oder einen professionellen Coach, um die oben genannten drei Punkte zu reflektieren und das eigene Verhalten entsprechend darauf abzustimmen.
Wenn aber die ehrgeizige und leidenschaftliche Potentialentfaltung fremdbestimmt ist, der Selbstwertkompensierung dient oder in der kindlichen Entwicklung falsch erlernt wurde, dann bietet sich eine Psychotherapie als Begleitung bei der Selbstverwirklichung und zur Bearbeitung problematischer Denk- und Verhaltensmuster an.
Ein wichtiges Kennzeichen von problematischem Ehrgeiz und überbordender Leidenschaft ist, dass die Betroffenen nicht zur Regulation fähig sind. Es passt schon, sich die Latte sehr hoch zu legen und darauf hinzuarbeiten. Allerdings fehlt manchen Menschen die Fähigkeit, eine zu hohe Latte im Bedarfsfall neu zu adjustieren, denn dies wäre ein Versagen, welches als persönliche Kränkung, Entwertung und Erniedrigung wahrgenommen wird. Die Ursache dafür ist meist eine Selbstwertproblematik.