Körperorientierte Psychotherapie
Die Verbindung zwischen Körper und Psyche in der Therapie psychischer Störungen
Psychosomatische Erklärungsmodelle weisen drauf hin, dass Körper und Psyche zwei untrennbar miteinander verbundene Aspekte des Menschen sind. Die Erfahrungen eines Menschen werden nicht nur emotional ausgedrückt und in der Tiefe der Psyche abgespeichert, sondern auch körperlich. Man spricht dabei von Körpergedächtnis.
Wenn emotionale Erfahrungen körperlich abgespeichert werden, dann kann im Umkehrschluss die Körper- bzw. Sinneswahrnehmung genutzt werden, um dermaßen (unbewusst) Abgespeichertes zu erfassen und damit unbewusste psychische Prozesse aufzudecken bzw. ins Bewusstsein zu bringen. Auf diese Weise können psychothearapeutische Erfahrungs- und Entwicklungspozesse optimiert und beschleunigt werden.
Deshalb hat es sich in der psychotherapeutischen Behandlung als sinnvoll und nützlich erwiesen, körperliche Wahrnehmungen bzw. Sinneserfahrungen mit der Bearbeitung psychischer Probleme zu verbinden. Mittlerweile haben praktisch alle Psychotherapiemethoden mehr oder weniger körpertherapeutische Ansätze integriert.
Die drei Elemente einer körperorientierten Psychotherapiemethode
1. Psychotherapie
Basis ist die jeweilige psychotherapeutische Orientiereung, z.B. tiefenpsychologisch fundierte Therapie.
2. Körpertherapeutische Angebote
Dieser zentrale und elementare psychotherapeutische Ansatz wird mit Wahrnehmungs- und Bewegungsangeboten ergänzt, wie wir sie etwa vom Achtsamkeitstraining, Yoga, Tai Chi, Turnen und Ballett kennen. Die sensorische und somatische Körperarbeit ist als Angebot zu verstehen. Dem Patienten steht es vollkommen frei, ob und wie er das jeweilige körpertherapeutische Angebot ausübt.
3. Kreative Methoden
Ein weiteres ergänzendes Element sind künstlerisch-kreative Methoden, die vor allem aus dem Bereich der Pädagogik und Didaktik stammen.
Wie funktioniert körperorientierte Psychotherapie?
Künstlerisch-kreative Gestaltungen
In einer körperorientierten Psychotherapie werden Therapiegegenstände als Mittel zur Sinneswahrnehmung und zur kreativen szenischen Gestaltung genutzt. Bei den Gegenständen handelt es sich um Stofftiere, Holzfiguren, Steine, Kristalle, Seile, Tücher, Sandsäckchen sowie Bälle und Kugeln in den unterschiedlichsten Farben und Materialien. Damit können z.B. Lebensthemen, Situationen, Ereignisse, Lebensphasen, Beziehungssysteme, Gefühle und Erfahrungen auf eine kreative Art und Weise symbolisiert und dargestellt werden.
Körper-, Sinnes- und Gefühlswahrnehmung
Die Körperorientierung besteht vor allem durch die bewusste Wahrnehmung der Gegenstände bzw. Symbole. D.h. sowohl die einzelnen Gegenstände als auch die gesamte Gestaltung werden mit allen körperlichen Sinnen bewusst wahrgenommen. Wichtig ist dabei, welche Gefühle und Gedanken beim Betrachten und Spüren der Gegenstände bzw. Gestaltung auftauchen.
Zudem wird der Körper als Symbol gesehen. So wie die Gegenstände bewusst wahrgenommen werden, können beim achtsamen Stehen, Gehen, Tanzen, Sitzen und Liegen der eigene Körper und Körperbereiche bewusst mit allen Sinnen gespürt werden.
Oft wird das direkte Körperangebot und die Wahrnehmung von Gegenständen verbunden, z.B. einen ausgewählten Gegenstand beim achtsamen Gehen durch den Raum bewusst wahrzunehmen. Mit dieser Vorgehensweise kann sehr gut eine blockierte Thematik in Bewegung bzw. in Gang gebracht und eine aktive Veränderung eingeleitet werden.
Problembearbeitung durch Reden über die Körper-, Sinnes- und Gefühlswahrnehmungen
Durch das Sprechen über die in den Therapieangeboten gemachten Körper-, Sinnes- und Gefühlserfahrungen werden psychische Prozesse, Gefühle und Erfahrungen ins Bewusstsein gebracht, begrifflich erfasst und dem Denken bzw. der Reflexion zugeführt. Innere Konflikte, psychische Abwehrmechanismen, problematische Erwartungshaltungen, schädliche Handlungsmuster, hinderliche Denkmuster, belastende Lebensereignisse und tiefere Kränkungen können auf diese Weise bearbeitet bzw. verarbeitet werden.
Insbesondere mit dem freien Assoziieren bei der sinnlichen Wahrnehmung eines ausgewählten Gegenstandes, bei der Betrachtung einer Gestaltung oder bei der Körperwahrnehmung kann Unbewusstes aufgedeckt werden. Der Patient soll dabei seinen Gedanken, Gefühlen und Einfällen völlig freien Lauf lassen, auch wenn sie ihm als unpassend, unvernünftig, unsittlich, unsinnig oder trivial erscheinen. Die freie Assoziation bzw. Methode der freien Einfälle ist eine Technik der Psychoanalyse.